233 Milliarden Mark für ein Roggenbrot, 4,8 Billionen Mark für ein Kilo Rindfleisch – in jenen Novembertagen vor genau 100 Jahren erreichte das wirtschaftliche und soziale Elend im Deutschen Reich mit der Hyperinflation von 1923 seinen traurigen Höhepunkt.
Die Gründe für die beschleunigte Geldentwertung lagen in der hohen Staatsverschuldung zur Finanzierung des Ersten Weltkriegs. Dazu kamen nach Kriegsende im Jahr 1918 die Reparationszahlungen an die Siegermächte. Zur Begleichung der laufenden Ausgaben druckte die Reichsregierung daher immer mehr Geld, dem keine materiellen Gegenwerte gegenüberstanden. Entsprechend explodierten Preise und Löhne. Deutschland erlebte damit die dramatischste Geldentwertung in seiner Geschichte.
Die realwirtschaftlichen Folgen der Hyperinflation waren immens. Mit fortschreitender Inflation verschlechterte sich für die Bevölkerung die Versorgungslage erheblich. Die Produktion kam fast völlig zum Erliegen oder blieb weitgehend im Lager. Bauern weigerten sich, ihre Produkte gegen das sich immer schneller entwertende Geld zu verkaufen. Nahrungsmittel wurden knapp. Der Trend zum Naturaltausch verstärkte sich deutlich und die ohnehin unzureichende Lebensmittelversorgung in den Städten drohte völlig zusammenzubrechen. Ersparnisse verschwanden über Nacht, ebenso wie auch die Schulden.
Eine Währungsreform setzte der Hyperinflation schließlich ein Ende. Dazu gründete die Reichsregierung am 15. Oktober 1923 die Deutsche Rentenbank mit dem Ziel, mit der Ausgabe einer neuen Währung Preisstabilität zu schaffen. Die Rentenbank begann entsprechend, Mitte November 1923 die ersten Rentenmarkscheine als neues, strikt limitiertes Zahlungsmittel herauszugeben.
„Gedeckt“ war diese Währung durch Zwangsanleihen auf den Grundbesitz von landwirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben in Höhe von 3,2 Milliarden Rentenmark, die das Grundkapital der Rentenbank darstellten. Gleichzeitig wurde die Notenpresse stillgelegt und die Bank gewährte der Reichsregierung keine Kredite mehr. Der Wechselkurs stabilisierte sich und die Hyperinflation wurde gestoppt. Das währungspolitische Wagnis gelang und ging als „Wunder der Rentenmark“ in die Wirtschaftsgeschichte ein. Ein Brot kostete danach nur noch 64 Rentenpfennige.
Das Trauma der Inflation aber blieb. Die Erfahrungen aus der Hyperinflation von 1923 und der Inflation nach dem Zweiten Weltkrieg beeinflussten maßgeblich die Gründung der Deutschen Bundesbank und später der Europäischen Zentralbank (EZB) und ihr Mandat, Geldwertstabilität zu gewährleisten.
Das Thema Inflation hat auch 100 Jahre nach der Hyperinflation nichts an Brisanz verloren. Nach einer jahrzehntelangen Phase mit relativ hoher Preisstabilität verzeichnete Deutschland mit einer Inflationsrate von 6,9 % im Jahr 2022 den höchsten Wert seit fast 50 Jahren. Die EZB reagierte darauf mit einer beispiellosen Serie an Zinserhöhungen, um die Inflationsraten im Euroraum zu senken.
Rentenmark und -pfennige blieben neben der Reichsmark bis zur Einführung der D-Mark im Jahr 1948 gültige Zahlungsmittel. Aus der Deutschen Rentenbank von 1923 wurde 1925 die Deutsche Rentenbank-Kreditanstalt. Daraus ging 1949 die heutige Landwirtschaftliche Rentenbank, die Förderbank für die Agrarwirtschaft und den ländlichen Raum, als Neugründung hervor. Ziel war es, die Kapitalversorgung der Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg und der Währungsreform von 1948 zu verbessern.
Die Landwirtschaftliche Rentenbank ist damit seit ihrer Gründung im Jahr 1949 bis heute eine feste Größe für die Agrarwirtschaft und ein erfolgreiches Kreditinstitut am Finanzplatz Frankfurt, da sie immer wieder in der Lage war, sich an sich ändernde wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen anzupassen. Diese Flexibilität spiegelt sich auch im gegenwärtigen Transformationsprozess der Bank wieder.