Fachkonzept und Anwenderleitfadenzur Einordnung von Treibhausgasemissionen bei der Kreditvergabe an landwirtschaftliche Kundinnen und Kunden
Hinweis: Das Fachkonzept wurde zur freiwilligen Unterstützung der Hausbanken entwickelt. Es steht in keinem Zusammenhang zu unseren Förderprogrammen.
Ziel des Fachkonzepts
Das Fachkonzept soll kreditgewährende Banken unterstützen, die Emissionen ihrer landwirtschaftlichen Kreditnehmenden besser einordnen zu können. Es ist eine Hilfestellung zur Erfassung bzw. Abschätzung der Höhe der Emissionen und der daraus resultierenden transitorischen Risiken. Das Fachkonzept unterstützt so Kundenberaterinnen und -berater, die neuen regulatorischen Anforderungen an das ESG-Risikomanagement umzusetzen.
Hintergrund
Risikotreiber in den Bereichen Ökologie, Sozialem und Unternehmensführung (so genannte ESG-Risiken) können u.a. zu einem höheren Kreditausfallrisiko führen. Deshalb sind Banken von der Aufsicht bei der Kreditvergabe angehalten, diese ESG-Risiken zu erfassen. Durch den starken Fokus auf Klima- und Umweltrisiken im Rahmen von aufsichtsrechtlichen sowie öffentlichen Diskussionen, steht die Risikodimension E häufig im Mittelpunkt. Innerhalb der Klima- und Umweltrisiken wird zwischen physischen und transitorischen Risiken unterschieden. Transitorische Risiken ergeben sich aus erhöhten regulatorischen Anforderungen an Unternehmen, die mit dem Wandel zu mehr Nachhaltigkeit einhergehen. Ein erhöhter Treibhausgasausstoß erhöht das transitorische Risiko von Unternehmen.
Aktuell ziehen Banken dafür ESG-Scores auf der Basis von Durchschnittswerten für jeden Wirtschaftsbereich heran. Die Landwirtschaft wird mit diesen Scoring-Modellen oft mit einem überdurchschnittlich hohen ESG-Risiko eingestuft. Bei erhöhten ESG-Risiken haben Banken auch oft schon bei kleineren Unternehmen ein Interesse, herauszufinden, inwieweit die individuellen Risiken dieses Unternehmens von den Risiken seiner Branche abweichen. Eine Abweichung kann zum Beispiel durch ein nachhaltigeres Geschäftsmodell oder durch Maßnahmen zur Mitigation der Risiken entstehen.
Besonderheiten der Landwirtschaft
Die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft setzen sich anders zusammen, als beispielsweise im produzierenden Gewerbe. Der Großteil der Emissionen ist biochemisch bedingt und nur bedingt steuerbar. Für die Landwirtschaft fehlt u.a. deshalb nach wie vor ein einheitlicher Standard zur Einordnung, welche Geschäftsmodelle als nachhaltig einzuordnen sind. Das erschwert den Agrarkundenberaterinnen und -beratern eine systematische Bewertung der Risiken der landwirtschaftlichen Betriebe.
Lösung: Das Fachkonzept
Wir haben zusammen mit den Spitzenverbände der Land- und Agrarwirtschaft ein Fachkonzept mit Fragen entwickelt, das helfen soll, die landwirtschaftlichen Betriebe hinsichtlich ihrer ESG-Risiken genauer zu beleuchten. Die Anwendung des Fachkonzepts ist komplett freiwillig und steht in keinem Zusammenhang zu unseren Förderkrediten. ES soll eine Unterstützung für unsere Geschäftspartner darstellen.
Kern des Fachkonzeptes ist ein Fragebogen. Mit sieben betriebsüber-greifenden Fragestellungen und drei zusätzlichen Fragen speziell zur Tierhaltung ist er für alle landwirtschaftlichen Betriebsarten anwendbar. Das System ist einfach und praktikabel gestaltet. Es sind keine komplexen Angaben durch die Landwirtinnen und Landwirte erforderlich.
Das Fachkonzept steht Ihnen hier zur Verfügung
Wir bedanken uns recht herzlich bei allen Mitwirkenden für die erfolgreiche Zusammenarbeit.
Green Deal, Landwirtschaft und Investitionen
Wie wirken sich Nachhaltigkeitsaspekte auf die Kreditvergabe aus?
Mit dem European Green Deal soll der Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft geschaffen werden. Die Sustainable Finance Strategie der EU ist Teil des Green Deals und hat zum Ziel, privates Kapital vermehrt in nachhaltige Investitionen zu lenken. Begleitet wird das durch eine Vielzahl von Verordnungen, Gesetzen oder Regelungen.
„Die Bundesregierung versteht […] unter Sustainable Finance, dass private und staatliche Akteur*innen am Finanzmarkt Nachhaltigkeitsaspekte bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.“ [1]
Nachhaltigkeitsaspekte kommen in den drei Dimensionen E (Environmental),
S (Social) und G (Governance) vor. Wegen des Klimawandels liegt der Fokus aktuell auf der ersten Dimension. CO2-Emissionen sind daher das aktuelle Top-Thema, aber auch Themen wie beispielsweise die Biodiversität oder Lieferkettenaspekte gewinnen an Bedeutung.
Damit Banken der ihnen zugewiesenen Aufgabe, die nachhaltige Transformation der Wirtschaft zu finanzieren, gerecht werden können, müssen sie sowohl Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigen als auch Berichtspflichten erfüllen:
Im Rahmen der Risikobetrachtung sind Banken zunehmend verpflichtet zu bewerten, wie sich Nachhaltigkeitsrisiken auf die Finanzsituation ihrer Kreditnehmer auswirken können. Für die Landwirtschaft als „Werkbank unter freiem Himmel“ bedeutet das zum Beispiel, dass mögliche Auswirkungen durch den Klimawandel berücksichtigt werden müssen. Das kann auch in den Kreditgesprächen thematisiert werden. Viele Landwirte managen diese Risiken bereits aktiv und investieren bspw. in Bewässerungstechnik oder Hagelschutznetze. In den nächsten Jahren werden die Klimarisiken verstärkt in den Kreditgesprächen thematisiert werden.
Banken, aber auch große Lebensmittelhersteller und der Lebensmitteleinzelhandel müssen außerdem Nachhaltigkeitsberichtspflichten erfüllen. Beispielsweise erheben viele Molkereien von ihren Landwirten schon jetzt nachhaltigkeitsbezogene Daten.
Das Thema ist zur Zeit noch sehr dynamisch und kann noch nicht abschließend behandelt werden.
Weitere Informationen folgen zeitnah.
[1] Deutsche Sustainable Finance Strategie des Bundesfinanzministerium, veröffentlicht im Mai 2021